Ich starte mal mit Auszügen der Homepage des Anbieters:
„Der Verlag wurde 2012 mit dem Ziel gegründet, Produkte für den an Demenz erkrankten Menschen zu schaffen. Ausgangspunkt waren zahlreiche ganz persönliche Erfahrungen und Begegnungen. Den Auftakt der Verlagsgeschichte bildete die Singbücher, die Mitsing- und Erlebnis-Buchreihe für den demenziell erkrankten Menschen. Grundlage für die Entwicklung der Singbücher ist das Wissen um den besonderen Stellenwert von Musik – gerade für den demenzkranken Menschen. Auch wenn viele andere Erinnerungen verblassen, die Erinnerung an die Melodien der Kindheit und Jugend haben Bestand. Wie hoch der Stellenwert von Musik und der Nutzen der Singbücher ist, zeigen uns zahlreiche Berichte von Angehörigen und Pflegekräften aus ihrem Alltag mit den Singbüchern, über die wir uns immer wieder freuen.
Gleichzeitig haben uns die vielen Gespräche mit Angehörigen und Experten aber auch immer wieder bewusst gemacht, wie überschaubar das Angebot an sinnvollen Produkten für die Beschäftigung demenzkranker Menschen heute noch ist. Deshalb haben wir gemeinsam mit Experten und Angehörigen weitere Bücher, Spiele und Beschäftigungsangebote entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei immer der Mensch mit Demenz mit seinen besonderen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten.“
Quelle: http://www.singliesel.de/der-verlag/ Stand: 11.2.15
Man kann es auch anders sehen
Ist das nicht wunderschön: ein China gefertigtes Buch in dem auf Knopfdruck altbekannte deutsche Lieder gespielt werden! In diesem Fall Wanderlieder. Es gibt aber auch viele andere Variationen. Singen – Erleben – Erinnern ist der Untertitel. Blechern klingende Musik schallt aus dem Inneren des Buches und ein Zopf aus billiger Wolle, ein Lederfetzen als Rucksack und ein Pappwagenrad sollen wohl so etwas wie haptische Angebote darstellen. Ohje!
Das ganze Projekt soll ein Expertenrat begleitet haben. Ich frage mich ernsthaft, ob die Experten das Produkt wirklich vorher gesehen haben. Wer wirklich Wissen über die Bedürfnisse von Demenzerkrankten hat, kann doch dieses Buch nicht allen Ernstes empfehlen.
Als Kinderbuch würde es vielleicht gerade noch dem einen oder anderen Kleinkind Spaß machen. Aber auch da würden qualitätsbewusste Eltern wahrscheinlich lieber zu besseren Produkten greifen.
Staunen kann ich aber über die riesige Marketingmaschinerie die hinter diesem Produkt steht. Da werden flächendeckend kostenlose Exemplare verschickt und in Medien große Anzeigen geschaltet. Und wie oben gelesen berichtet der Verlag auf seiner Homepage etwas von „ganz persönlichen Erfahrungen und Begegnungen“ und das der Markt an sinnvollen Beschäftigungsprodukten für Menschen mit Demenz überschaubar sei. Das wird sich angesichts dieses Buches mit Sicherheit auch nicht ändern!
Schaut man genauer hin, steht hinter dem Produkt eine Familie die einer Vielzahl von Medien- und Verlagsunternehmen vorstehen. …und nun ganz selbstlos die Demenz entdeckt haben. Natürlich nur wegen zahlreicher und ganz persönlichen Erfahrungen!
Eines der Singbücher konnten wir in der bundesweit einmaligen Musterwohnung für Menschen mit Demenz des Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein entdecken. Es wird dort als eines von den negativen Beispielen vorgestellt. So macht das Buch am Ende doch noch Sinn!