Ich bin ein wenig geknickt.

In letzter Zeit hat sich bei den Demenzfachzeitschriften „pflegen: Demenz“ und „Demenz – Das Magazin“ eine Menge getan. Bei den beiden wohl meistgelesenen deutschsprachigen Demenz-Zeitschriften hat der Herausgeber gewechselt.  Gerade aber die Herausgeber – Peter Wissmann & Michael Ganss (Demenz – Das Magazin) und Detlef Rüsing (Pflegen: Demenz) waren genau die, die mit ihren Beiträgen ganz wesentlich zu Diskussionen zum Thema Demenz in Deutschland beigetragen haben. Nicht missverstehen: ich war ganz häufig nicht einer Meinung mit den Herausgebern.  Ganz im Gegenteil. Aber ich mochte es , dass Sie provoziert haben, mich zum Nachdenken angeregt haben und scheinbare Missstände nicht nur angeprangert haben, sondern auch versucht haben, Änderungsvorschläge einzubringen und man dabei merken konnte, dass die Situation von  Menschen mit Demenz und deren Angehörigen Ihnen am Herzen liegt.  Und trotz zum Teil sehr unterschiedlicher Meinungen in manchen Fragen, konnte man sich begegnen und sogar mögen.  Danke dafür.

Zuerst stellte sich bei mir die Frage: „Worüber soll ich mich jetzt aufregen oder kritische Leserbriefe schreiben?

Nun ja, Peter Wissmann hat sich ja in Österreich eingerichtet, will mal wieder den Begriff Demenz abschaffen oder die Selbsthilfe revolutionieren. Besonders, weil die Alzheimer Gesellschaften sich ja viel zu wenig kümmern, Hilfe nur aufstülpen und eigentlich die Betroffenen alles allein regeln könnten. Leider merkt er dabei in seiner Betroffenenblase nicht, dass die meisten Menschen mit Demenz sich scheinbar gar nicht unbedingt organisieren wollen.  …und die vielen Menschen mit Demenz im fortgeschrittenen Stadien ganz andere Probleme haben. Aber auch das kann man ja wieder fein diskutieren.

Michael Ganss gibt weiter tolle Fortbildungen und ist als Kunsttherapeut schon immer jenseits meines Horizonts gewesen.  Ein feiner Mensch, dessen Tätigkeitsbereich sich mir persönlich aber nie wirklich erschließen wird.

Detlef Rüsing wird sicher weiter tolle Vorträge halten und Workshops anbieten. Podcasts und Youtube-Videos für das Dialogzentrum Leben im Alter (DZLA) produzieren und wahrscheinlich zukünftig noch die eine oder andere gute Idee inpetto haben. Ich habe ihm immer gern zugehört und mag die Art Klartext zu sprechen. Ob es mir nun inhaltlich gefallen oder nicht.  Auf alle Fälle immer besser als das pastorale Psychogerede anderer Mitstreiter.

Was mache ich nun mit den Zeitschriften?

„Pflege:  Demenz“ werde ich wohl weiterlesen. Dort gibt es ja nun eine ganze Herausgeberschar denen man eine Chance geben kann. Bisher haben sie es ganz ordentlich hinbekommen. …obwohl mir der kritische Geist des Vorgängers kräftig fehlt.

„Demenz – das Magazin“ habe ich nun abbestellt.  Bisher hat mir keine Ausgabe gefallen.  Bei den neuen Herausgebern wundert mich das allerdings nicht.  Prof. Dr. Reimer Gronemeyer ist ein durchweg sympathischer Mensch der tolle Gedanken hat, aber leider mit zunehmenden Alter immer abstrakter wird und dabei immer tiefer in theologische und soziologische Betrachtungen abtaucht. Da bin dann doch viel zu viel Praktiker.  Zudem habe ich die Vermutung das wirklich unsägliche und schwachsinnige Beiträge wie der von einem Dr. Jürgen E. Pohl mit dem Titel  „Von der heilsamen Wirkung der Demenz“ (Ausgabe 53/22) in seiner Verantwortung liegen. Das ist wirklich geradezu eine Zumutung gewesen, die nicht einmal für Diskussionen taugt.

Auch die Beiträge von Herausgeber Oliver Schulz sind für mich kaum zu lesen. Viel zu abstrakt und wenn ich dann Beschreibungen über gemalte Bilder von Menschen mit Demenz – auf denen außerhalb der Kunsttherapie niemand nur ansatzweise etwas erkennt – lese: “ Über die Jahre ist ein Werk entstanden das von einer unermüdlichen Kraft zu vibrieren scheint. Ob das Rotkäppchen ist oder der Wolf die in einem Farbrausch verschmelzen – wer verschlingt hier wen? Oder das Bild eines Wolfes, das weniger ein gutes Abbild als vielmehr die rohe Erfahrung vom Wölfischem zeigt“, usw.. In der Ausgabe 55/22 schafft er es gar auf 2 Seiten aus einem Bild einer scheinbar pflegebedürftigen Malerin zig Interpretation – samt einem Gleichnis zu Jesus – hervorzuholen.  Für eine Kunstzeitschrift vielleicht interessant. Für einen Demenz-Fachzeitschrift viel zu abgehoben.

Die dritte Herausgeberin Michaela Fink hingegen tritt nur selten in Erscheinung. Liegt vielleicht daran, dass sie sich in der Vergangenheit scheinbar eher mit Kindern in Namibia oder der Hospizarbeit beschäftigt hat. Ist wahrscheinlich besser so.

Am Ende wundere ich mich nur, wieso ein Prof. Dr. Thomas Klie immer noch eine Kolumne für die Zeitschrift schreibt. Er hätte für seine interessanten Gedanken nun wirklich einen besseren Rahmen verdient.

Fazit: 

Schade, dass zwei richtig gute Zeitschriften mit vorher kompetenten Machern so langsam den Bach runtergehen. Hat eben alles seine Zeit. Manchmal war früher doch besser. 😉